Bewusstsein und Gehirn – Radio oder Computer
Meditation so natürlich wie Traum?
Der Physiker und Bewusstseinsforscher Christof Koch erforscht unser zentrales Nervensystem und erkundet, in unserem Gehirn wie Bewusstseins entsteht. Dabei beschreibt er auch meditative Zustände, die durchaus meditativen Yogaerfahrungen vergleichbar sind. So berichtet er über zeitlose Zustände beim Marathon-Training in der Einsamkeit, bei der sich, wie in der Meditation, das „Ichbewusstsein“ mit seinen ständig kritischen Überlegungen verabschiedet s.Link zum Artikel in „DIE ZEIT“ über Physiker und Bewusstseinsforscher Christof Koch. Meditation, das ist für den Yoga nicht neu, ist nicht an irgendwelche Himalaja -Klöster oder indische Aschrams gebunden. Meditation ist so normal und natürlich wie Traum – oder Tiefschlaf. Es ist eine der vier möglichen Bewusstseinzustände des Menschen. Die Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang heutzutage von Flow.
Trotzdem gibt es einen grundlegenderen Unterschied zwischen den naturwissenschaftlichen Betrachtungen eines Christof Koch und der Yoga-Betrachtung. Für Koch handelt es sich bei den Zuständen von Meditation um besondere Zusammenschaltungen verschiedenster Neuronen im Gehirn. Für ihn ist es daher vorstellbar, dass alle Informationen des Gehirns, da sie in den verschiedenen Nervenzellen gespeichert sind, irgendwann „auslesbar“ werden. Er geht davon aus, dass man die ganze individuelle Persönlichkeit irgendwann in einem Computer speichern könne.
Für Naturwissenschaftler machen die Neuronen und ihre Aktivität Bewusstsein. Auch wenn Bewusstseinsinhalte aus naturwissenschaftlicher Sicht in immer wieder neuer Form aufgerufen werden können und für Kreativität und Individualität viel Spielraum bleibt. Letztlich bleibt das Wesen und die Persönlichkeit eines Menschen eine Ansammlung von abspeicherbaren Daten. Und das was wir Bewusstsein nennen ist nur neuronale elektrische Aktivität.
Yoga sieht das ganz anders. Denn aus Yogasicht – und aus Sicht der vornaturwissenschaftlichen abendländischen Gelehrten – ist unser Gehirn kein Produktionsorgan von Bewusstsein, sondern – ein Empfangsorgan. Das Gehirn ist eher ein Radio, als dass es einem Computer ähnelt, in dem verschiedenste Daten abgespeichert sind. Deshalb ordneten die Alchimisten dem Gehirn und Nervensystem als Gestirn auch nicht die Sonne als aus sich heraus strahlendes Gestirn zu, sondern den Mond. Der Mond ist ein Energie empfangendes und weiterleitendes Gestirn. Bewusstsein entsteht jenseits der materiellen Grundlage unseres Denkens. So wie die Fernsehsendung nicht in Ihrem Fernsehapparat produziert wird, sondern von echten Menschen an ganz anderer Stelle entsteht, so hat auch Bewusstsein einen eigenen existenziellen Rang – und der Körper und das Zentrale Nervensystem formen dafür die körperliche Grundlage.
Konsequenz für die Betrachtung von Yogaübungen: Wir machen nicht etwas mit Yogaübungen, wir produzieren nichts, oder jedenfalls nur zum kleineren Teil, sondern wir richten uns aus auf Empfang: Mandukasana – Froschhaltung – die Idee Frosch formt sich in unserem Bewusstsein. Parvatasana – Berghaltung – die Idee Berg erfasst uns. Trikonasana – Dreieckshaltung – die Idee „Drei“ ergreift von uns Besitz. Und der Körper formt dabei die entsprechende Antenne. So wie eine UKW-Antenne eine andere Form hat als eine Langwellen-Antenne, so unterstützen die Asanas, die Körperhaltungen, den Empfang der entsprechenden Idee. Dass wir dabei uns nach innen richten, dass wir nicht auf äußeren Empfang ausgerichtet sind, sondern dass der eigentliche Sender in uns ist, dass mag für uns Westler und aufgeklärte Menschen irritierend sein. Aber hier ist Yoga eindeutig, wenn z.B. Swami Vivekananda sagt: Geh in dich hinein und hole die Upanishaden aus deinem eigenen Selbst heraus, du bist das größte Buch, das jemals war und jemals sein wird, die unendliche Schatzkammer von allem, was ist.
Es bleibt dem Einzelnen überlassen, welcher Auffassung von Bewusstsein er beitreten will. Wichtig ist, die unterschiedlichen Ansichten zu kennen, und vor dem Hintergrund eigener (Yoga-)Erfahrungen zu eigenen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen zu kommen.
Das Bild zeigt den Watzmann – eine beeindruckende physische Formation. Oder ist „Berg“ auch als Idee existent?